Entwicklungstrauma und Schocktrauma sind zwei unterschiedliche Konzepte, die auf die Lebenserfahrungen eingehen, die das emotionale und eventuell auch das psychosomatische Wohlbefinden beeinflussen können, jedoch auf unterschiedliche Weisen.
Ein Entwicklungstrauma bezieht sich auf die Herausforderungen, die in der Kindheit auftreten können und die das Wachstum des Nervensystems und die seelische Entwicklung beeinträchtigen. Diese Form des Traumas entsteht oft durch wiederholte, belastende Ereignisse oder Vernachlässigungen, die die Grundbedürfnisse eines Kindes beeinträchtigen. Es kann sich über einen längeren Zeitraum entwickeln und hat langfristige Auswirkungen auf emotionale Regulation, Selbstbild, zwischenmenschliche Beziehungen und gegebenenfalls auch auf psychosomatische Themen.
Ein Schocktrauma hingegen bezieht sich auf plötzliche und überwältigende Ereignisse, die eine intensive Stressreaktion auslösen. Diese Ereignisse sind oft akut und unerwartet, wie Naturkatastrophen oder Gewalt. Ein Schocktrauma führt zu sofortigen emotionalen Reaktionen wie Schock, Angst und Hilflosigkeit und betrifft die unmittelbare Reaktion auf das Ereignis.
In beiden Fällen ist es wichtig zu verstehen, dass jede Person individuell auf Trauma reagiert und dass Mitgefühl und Unterstützung eine Schlüsselrolle bei der Heilung spielen. Verständnis und eine liebevolle Begleitung sind sehr entscheidend, um Menschen mit Trauma-Erfahrungen auf ihrem Weg zur Genesung zu unterstützen.
Am Wichtigsten ist zu verstehen, dass unser Entwicklungstrauma aufgrund einer länger anhaltenden Überforderung in unserer Kindheit entstanden ist. Sprich unser eigener Organismus hatte in dieser Zeit schlichtweg nicht die Ressourcen und die Kapazität mit diesen herausfordernden Erfahrungen umzugehen. Die einzige Möglichkeit, die uns als Kinder noch blieb war eine Art psychologisches Abspalten dieser Anteile, die durch diese Erlebnisse überfordert waren. Oft spricht man hier von einem inneren, emotionalen Dissoziieren.
Der zentralste Aspekt des Heilungswegs ist daher das eigene warme Mitgefühl und Verständnis mit der zum Teil sehr ausgeprägten Überforderung, die wir erlebt haben. Die eigene Psyche war überfordert und damit vor allem das Nervensystem, das die Erlebnisse und Erfahrungen verarbeiten hätte sollen. Wenn wir unsere Heilreise beginnen ist das aktuelle Nervensystem oft noch in Stress- oder Freeze-Zuständen gefangen. Dazu kommen die abgespaltenen Anteile, die noch im Körper als Trauma-Energien feststecken und wieder re-integriert werden möchten. Der Heilungsweg braucht daher vor allem viel Verständnis, warmes Mitgefühl, Zeit und möglichst viele liebevolle entspannende Räume, Menschen und neue, positive Erfahrungen.
Aus meiner eigenen Erfahrung kann man die nützlichen Therapieformen und Methoden in 5 Kategorien aufteilen:
1. Trauma-Therapie
NARM (Neuro effective relational model) von Dr. Laurence Heller, oder NARM-ähnliche Neuroregulations-Methoden. Diese modernen Herangehensweisen, die spezifisch für
Entwicklungstrauma ausgelegt sind verfolgen aus meiner Sichtweise den effektivsten und einfachsten Heilungsweg. Diese Methoden versuchen Klarheit in die entwickelten Überlebensstrategien zu
bringen, die Integration von abgespaltenen Energien zu unterstützen und die eigene Selbstregulation zu fördern.
Auch IopT (Identitätsorientierte Psycho-Traumatherapie) nach Prof. Franz Ruppert ist aus meiner Erfahrung eine recht erfolgsversprechende Therapieform. Hierbei wird aber weniger direkt mit dem
Nervensystem gearbeitet, sondern es geht vor allem um die Klärung der eigenen, wirklichen Identität und das Zurückgewinnen der ursprünglichen Lebenskraft über ein symbolisches
Stellen der inneren Aspekte und Themen. Ähnlich wie beim Familienstellen, nur dass es sich primär um die inneren Anteile dreht.
2. Arbeit mit dem inneren Kind
Aufbau einer stärkeren, liebe- und verständnisvollen Beziehung mit der Perspektive und den Bedürfnissen des eigenen, inneren Kindes. Re-Programmierung der Kindheit hin zu einer sehr fürsorglichen, sicher verbundenen und wohlwollenden Erfahrung.
3. Re-Mobilisierung
Traumasensitive Mobilisierungen des physischen und feinstofflichen Körpers hin zu mehr Vitalität und Lebendigkeit. Hier gibt es mittlerweile zahlreiche Möglichkeiten. Traumasensitive Angebote im Bereich Yoga, Breathwork, Massage oder auch Craniosakral-Therapie. Um unseren physischen, wie auch energetischen Körper zu unterstützen, die traumalastigen Speicherung zu lösen helfen diese traumainformierten und -sensitiven Mobilisierungen sehr.
4. Neuro-Embodiment
Hier versuchen wir immer mehr wirklich im Körper zu landen um unsere Verkörperung im Alltag zu stärken. Mögliche Themenfelder hierzu sind z.B. Entschleunigung, Achtsamkeit, Gentle-Living und Leben aus dem Bauch (Hara) anstatt im Kopf. Die Arbeit mit sinnlich-erdenden Düften kann hierbei aus meiner eigenen Erfahrung auch sehr unterstützend sein, da ihre Wirkung nicht auf den Verstand abzielt, sondern direkt einen Effekt auf unseren Körper hat.
5. Warme Verbundenheit
Wirkliche Verbundenheit und ehrlicher Kontakt im eigenen, sozialen Umfeld sind sehr hilfreich auf unserem Heilungsweg. Sehr wertvolle Methoden wie das Ehrliche Mitteilen von Gopal (Norbert Klein) sind aus meiner Erfahrung ein Kernelement der Entwicklungs-Traumaheilung.
Die Psychologin Elaine Aron hat den Begriff der Hochsensibiltät / Hochsensitivität in den 1990ern erforscht. Nach ihr gibt es vor allem 4 Merkmale hochsensibler bzw. hochsensitiver Menschen. Diese Merkmale hat sie im "DOES"-Akronym zusammengefasst.
Depth of Processing (Tiefe der Verarbeitung): Hochsensible Menschen nehmen die Welt intensiv wahr, achten auf Details und tauchen tief in die Verarbeitung von Informationen ein.
Overstimulation Sensitivity (Empfindlichkeit gegenüber Überstimulation): Ihre feine Empfindsamkeit macht sie für äußere Reize wie laute Geräusche oder grelles Licht empfindlich. Das bedeutet auch, dass sie die Schönheit des Lebens in all ihren Facetten besonders intensiv erleben.
Emotional Responsiveness (Emotionale Reaktionsfähigkeit): Hochsensible Menschen sind mit einem reichen emotionalen Innenleben gesegnet. Sie spüren ihre eigenen Emotionen tief und haben eine ausgeprägte Empathie für ihre Mitmenschen, wie auch für die Natur.
Sensory Sensitivity (Sensorische Empfindlichkeit): Die feine sensorische Wahrnehmung hochsensibler Menschen ermöglicht es ihnen, subtile Nuancen in ihrer Umgebung zu erkennen und eine reiche Palette an Sinneseindrücken zu genießen.
Diese Qualitäten machen uns hochsensible Menschen zu einfühlsamen Individuen mit einer einzigartigen Verbindung zur Welt. Es ist wichtig unsere Stärken zu
schätzen und gleichzeitig selbst Rücksicht auf unsere Bedürfnisse im Umgang mit einer oft schnelllebigen Umwelt zu nehmen. Das Verständnis und die Wertschätzung für unsere achtsamere
und feinsinnigere Seinsart tragen dazu bei, das Potential und die Schönheit unserer Hochsensibilität voll und ganz zu entfalten.
Wir hochsensible Menschen, können leider eher dazu neigen ein Entwicklungstrauma zu entwickeln. In einer Umgebung mit ungelösten Konflikten, emotionaler
Vernachlässigung oder unsicherer Bindung können wir stärker von diesen negativen Einflüssen betroffen sein, da wir durch unsere Feinfühligkeit diese Unstimmigkeiten und Herausforderungen,
oder auch die fehlende sichere Bindung noch intensiver wahrnehmen als nicht ganz so sensible und sensitive Menschen. Die fehlende Anerkennung und Unterstützung für unsere emotionale
Sensibilität und Feinfühligkeit können zu einem Gefühl des Alleinseins, der Isolation, wie auch zu negativen und verzerrten Selbstbildern führen.